Mittwoch, 20. März 2013

Totgeglaubt

Viel Zeit ist vergangen seit dem letzten Update dieses Blogs, fast drei Jahre um genau zu sein.Wenn ich die alten Posts lese, ist mir das jetzt eher peinlich. Ich nehme zwar nichts zurück, das was ich aufgeschrieben habe ist genau das, was ich damals gedacht habe. Aber ich wollte mich vielleicht auch Selbstbemitleiden für eine Situation, in die ich mich teilweise selbst gebracht habe.

Außerdem haben sich manche Dinge, die ich damals geschrieben habe, inzwischen einfach als Falscheinschätzungen herausgestellt. Die plötzliche Erkenntnis, ich würde aus Einsamkeit trinken, ist rückblickend Blödsinn, genau wie viele andere Dinge. Ich war einfach in einer Phase, wo mir, krampfhaft nach Erklärungen und Entschuldigungen suchend, keine Theorie zu blöd war.

Der Titel dieses Posts ist zweideutig gemeint. "Totgeglaubt und auferstanden" ist hiermit dieses Blog. "Totgeglaubt" habe ich mich aber zwischenzeitlich auch selber. Nicht im wörtlichen Sinne, aber ich habe zwischenzeitlich keine Hoffnung mehr, dass aus diesem Leben noch etwas wird.

Was ist also inzwischen passiert?
Soweit ich mich erinnere war ich mitten im Studium und habe nebenher im entsprechenden Job gearbeitet. Dieser Job hat mir irgendwann gezeigt, dass ich in diesem Gebiet nicht arbeiten will. Ich hatte also die Wahl:
1) Quäle ich mich noch durch die letzten Semester (immer im Hinterkopf behaltend dass ich ein Alkoholproblem habe und es unter Umständen nicht einmal in der Lage wäre, es überhaupt zu bestehen) und arbeite in einem Job, den ich nicht machen will?
2) oder breche ich jetzt ab, bin noch halbwegs jung und mache eine Ausbildung in einem Beruf, den ich *wirklich* machen will

Also wurde ich Koch-Azubi. Ich zog zurück in meine Heimatstadt, fand einen Ausbildungsplatz und arbeitete knapp 2 Jahre ganz erfolgreich. Mein "Untergang", und was dann passierte, davon erzähle ich im nächsten Post.

Samstag, 27. März 2010

Veränderungen

Es ist Samstag und morgen bin ich knapp eine Woche nüchtern. Das mag für euch gesunde Menschen kaum erwähnenswert sein, das sollte der Normalzustand für euch sein. Für mich ist das eine ordentliche Leistung. Ich kann mich jedenfalls nicht erinnern, wann ich das letzte Mal so lange trocken war. Selbst wenn ich mal wirklich eine Woche durchgängig was zu tun hatte (quasi nie), dann war spätestens Freitag Schluss mit lustig.

Die "Entgiftung" ist die Zeit, in der der Körper die letzten Reste des Alkohols los wird. Dieser Teil des Entzugs soll 8-14 Tage dauern, ich bin also mittendrin. Und ehrlich gesagt, ich hatte es mir schlimmer vorgestellt. Ich bin leicht nervös, habe ganz leichte Kopfschmerzen und erwische mich wie ich mit den Zähnen knirsche. Ich fühle mich schlechter wenn ich mal eine Woche Kaffee sein lasse.

Dagegen spielen die positiven körperlichen Veränderungen geradezu in einer anderen Liga. Die Konzentration kam wieder, wird aber im Moment etwas von der Nervosität überdeckt. Meine Aufmerksamkeit ist wieder da, ich bin nicht mehr so Antriebslos, verdammt, ich habe sogar minimales Selbstbewusstsein zurück. Das ist sowieso eine der schlimmsten Dinge am Alkoholismus wenn ihr mich fragt. Weil man sich so fertig fühlt, sieht man auch so aus. Oder man glaubt, dass man so aussieht. Und deshalb fühlt man sich irgendwie immer minderwertig, als sein man zwischen den ganzen normalen Menschen ein kaputtes Überbleibsel, das aus der Masse heraus steht wie ein Goth auf einer Schlagerparty. Vor allem wenn man den Alkohol beschaffen will und die Flaschen auf das Laufband legt, fühlt man sich wissend angestarrt. Vom Kassierer, von den Kunden vor einem, von den Kunden nach einem an der Kasse. Alle wissen, dass du klein, traurig und fertig bist. Und das macht einen dann tatsächlich fertig. Wenn ich jetzt mit ganz durchschnittlichen Einkäufen an die Kasse trete, ist das wiederum für alle anderen eine völlig alltägliche Sache, für mich ist es ziemlich großes Ding. Ich stehe wie ein normaler Mensch an der Kasse und niemand kann mir von Außen ansehen was für ein kaputter Typ ich bin. Da hält man seinen Kopf automatisch ein paar Millimeter höher.

Ich habe auch vergessen, wie man sich "ganz normal" fühlt. Wenn man einfach nur vor sich hin lebt. Wenn man normal isst, Wasser trinkt und ansonsten seinem Alltag nachgeht. Erst jetzt, wo die Erinnerung zurück kommt, kann ich beurteilen wie dreckig es mir auch körperlich ging, von der Seele ganz zu schweigen. Ich hatte ein gewisses "Grundrauschen" an Schmerzen. Die Verdauungsapparat war permanent in Aufruhr, die Hälfte der Zeit hatte ich Rücken/Muskel/Sonstige Schmerzen, die andere Hälfte der Zeit war mir übel oder ich stolperte Koordinationslos vor mich hin. An besonders schlechten Tagen ging alles zusammen, dann wünschte ich mir oft den Tod. Nicht um die aktuellen Schmerzen zu beenden, sondern weil ich wusste, dass ich mich auch weiterhin so zurichten würde. Und dass mich in Zukunft immer öfter ein ähnlicher Zustand erwarten würde.

Jetzt ist all das wie verschwunden. Das mit der Verdauung ist noch nicht wieder völlig im Griff, aber um mehrere Klassen besser als vorher. Der Kopf ist wieder frei, der Körper erholt sich und die Psyche heilt. In der letzten Woche - ich wage es kaum zu sagen - war ich ein oder zwei Mal tatsächlich etwas glücklich. Über mich selbst, dass ich doch noch einen Versuch gewagt habe, dass ich nicht schon wie üblich nach zwei Tagen den Mut verloren habe, dass es mir körperlich besser ging, dass ich wieder genug Konzentration hatte um ein Buch anzufangen, dass ich mal wieder ein paar Blogs gelesen habe. Es sind nur kleine, flüchtige Glücksmomente. Aber sie sind da, und vielleicht bleiben sie.

Was mein Bedürfnis zu trinken angeht würde ich lügen, wenn ich behaupten würde, komplett frei von Rückfallgedanken zu sein. Es ist aber wirklich anders als früher, das rede ich mir nicht nur ein. Früher dauerte es 3-4 Tage, bis sich abends ein deutliches Verlangen einstellte. Am nächsten morgen war mein erster Gedanke dann immer sofort "Trinken!". Ich tat, was ich zu erledigen hatte, nicht ohne meine Gedanken auch nur einmal vom Abend lösen zu können. Im Laufe des Tages steigerte ich mich dann immer mehr rein und konnte mich schließlich nicht mehr beherrschen.

Jetzt ist es anders. Natürlich denke ich noch öfter mal an Alkohol, die Sucht verschwindet schließlich nicht einfach so plötzlich wieder. Vor allem wenn ich jemanden Alkohol trinken oder kaufen sehe, habe ich ein Gefühl, dass sich verbal nur mit "Hach ja..." beschreiben lässt. Gestern habe ich irgendwo Jamie Oliver ein Bier trinken sehen, das war eine solche Situation. Im Gegensatz zu früher lässt mich der Gedanke aber sofort wieder los. Ich denke daran wie gut es mir geht und stelle fest, dass ich genug hatte. Und die Sucht akzeptiert das. Ohne zu murren. Sie versucht mich nicht mehr zu zwingen, das Vor und Wider abzuwägen um schließlich die Oberhand zu gewinnen. Mein Ich sagt "Nein" und meine Sucht sagt "Okay".

Sie weiß, dass ich genug zu trinken für mehrere Leben hatte.

Donnerstag, 18. März 2010

Updates

Guten Abend. Ich hätte ehrlich gesagt nicht gedacht, dass ich dieses Blog irgendwann wieder reaktiviere. Ich musste sogar einige Male Passwörter raten, bis ich mich wieder einloggen konnte. Nun, es haben sich ein paar Dinge geändert, die ich erzählen möchte.

Nach dem letzten Eintrag war ich sicher, dass ich noch ein paar Monate oder Jahre weiter trinken würde, bis ich schließlich mit den Füßen voran aus der Wohnung getragen werde. Vielleicht hätte ich mich auch irgendwann in einem spontanen Anfall von Lebensmut zum Arzt geschleppt, wer weiß. Auf jeden Fall hatte ich alle Hoffnungen aufgegeben. Die Grundlagen meines Lebens hatte ich soweit im Griff, verbrachte den großen Teil meiner Freizeit mit Alkohol, dachte nicht weiter über die Zukunft nach (bzw. versoff diese Gedanken gezielt) und wartete einfach mal so ab.

Die trockenen Phasen wurden weniger, ich setzte eigentlich nur mal 1-2 Tage aus, wenn ich etwas wirklich wichtiges zu tun hatte und mir keinen Kater erlauben konnte. Kurz gesagt: Mir war völlig bewusst was auf mich zukam, wusste dass ich nichts ändern konnte und ließ es geschehen.

Bis vor etwa zwei Wochen etwas passiert ist. Mir gings körperlich langsam schlechter, ohne Zweifel durch den ganzen Müll, flüssig oder fest, den ich ständig konsumierte. Eines Tages stand ich gegen 10 auf und mir ging es ziemlich übel. Nicht Kater-übel, sondern irgendwie so als hätte ich einen Liter Salatdressing getrunken. Nicht dass ich wüsste wie sich das anfühlt, aber so stelle ich es mir vor. Der Magen grummelt, Übelkeit, ein leichter Schleier über der Welt. Seltsam auf jeden Fall, ein Kater war es nicht. 

Als es nach 2 Stunden nicht besser wurde, steckte ich mir einen Finger in den Hals, das kann in solchen Situationen ja helfen. Kaum vorne über gelehnt musste ich nicht weiter nachhelfen, ich kotzte eine schwarze Suppe in die Kloschüssel. 

Schwarz? Hä? Ich hatte seit zwei Tagen keinen Kaffe getrunken. In dem Moment fiel mir ein dass ich mal gelesen hatte, dass sich altes Blut schwarz färbt und eine kurze Recherche bestätigte die Befürchtung. Irgendwas in mir schien also zu bluten. 

Ich erschrank mich zwar ordentlich, aber zum Arzt ging ich nicht. Wenn es jetzt passieren sollte, meintwegen. Ich ging zurück ins Bett, ohne zu wissen ob ich wieder aufwachen würde.

Zwei Tage später ging es mir etwas besser und noch einen Tag später fing ich wieder an zu trinken, aber es war anders. Ich bekam gar nicht erst so viel rein wie früher. Nach ein paar Bier war mir schon schlecht und ich wich wieder auf harten Alkohol aus um wenigstens einen anständigen Rausch hinzukriegen. Aber auch der ließ zu wünschen übrig, es knockte mich nur aus. Es war irgendwie zur anstrengenden Pflicht geworden. Oder anders gesagt: Es ging mir mit mehr Alkohol über den Abend eher schlechter als besser.

Letzten Samstag lag ich etwas angetrunken (d.h. noch halbwegs nüchtern) auf dem Sofa und stellte fest: "Ich will überhaupt nicht mehr weiter trinken." Ich hatte genug. Am Tag danach hatte ich noch genug Alkohol über, also "versuchte" ich es nochmal mit einem ähnlichen Resultat. Ich mochte nicht, hatte genug, es langweilte mich. Wieder hörte ich auf, ging ins Bett und bin seitdem nüchtern. Die restlichen paar Bier stehen hier und ich habe keinerlei Bedürfnis sie zu trinken.

Nun, bevor ich mich enthusiastisch über eine Wunderheilung freue muss ich natürlich wieder Objektivität walten lassen und mich so neutral wie möglich betrachten (was ich für eine besondere Fähigkeit von mir halte). 

Ich bin klassisch in der sog. "kritischen Phase". Zu dieser Phase gehört es unter anderem, dass man sich durch Abstinenzphasen davon zu überzeugen versucht, dass man noch alles unter Kontrolle hat. Zitat: "Die Fähigkeit zu temporärer Abstinenz besteht meist noch, und Trinkpausen nähren die Illusion, alles 'im Griff' zu haben, obwohl dem schon seit geraumer Zeit nicht mehr so ist."

Oberflächlich gesehen repräsentiert dieses Blog genau dieses Verhalten. Ich würde das aber differenzierter sehen. Ich habe mir nie der Illusion hingegeben, dass ich noch alles im Griff habe weil ich mal eine Woche nichts getrunken habe, ganz im Gegenteil. Ich wusste ganz klar, dass ich wenig bis keine Kontrolle habe. Ich war mir dessen sogar so sehr bewusst, dass ich mit Gewalt versucht habe aufzuhören, weil ich wusste dass mir sonst bald auch der letzte Rest Selbstbeherrschung verloren gehen würde. 

Wahrscheinlich würde mir jetzt jeder halbwegs erfahrere Therapeut erzählen dass er diese Rationalisation ständig hört, und ich will auch meine Handlungen, die Rechtfertigungen oder die Illusionen denen ich mich hingebe nicht analysieren. Alles was ich weiß ist, dass ich seit Montag morgen nüchtern bin und keinerlei Wunsch verspüre mich zu betrinken. Das wird sich vermutlich ändern, nicht ohne Grund nennt man es eine Sucht. Ich bin gespannt darauf, ob sich der erwartete psychische Druck auch in einem Wunsch zu trinken ausdrückt. Ich hoffe jedoch, dass sich meine ehrlich empfundene Ablehnung eventuell durchsetzt. Vielleicht ist es für einen gesunden Menschen schwer zu verstehen wie sich diese beiden Dinge sich überhaupt abgrenzen, ich vermag es auch nicht ausreichend zu erklären.

Ich habe versucht einen Chat o.ä. zu finden, wo sich Alkoholiker treffen. Ich denke dass es mir hilft, wenn ich mich vor jemandem rechtfertigen muss. Wenn ich jeden Abend bestätigen muss, dass ich immer noch nüchtern bin. Irgendwie scheint es so etwas nicht zu geben, alles zielt auf persönliche Treffen in AA-Gruppen hin. Das wird für mich nicht passieren. Nicht zuletzt weil mir dieser religiös-submissive Unterton zuwider ist. Bin ich der einzige, der zwar darüber reden will, aber die perfektionierte Anonymität des Internets der "Ich sage einfach dass ich Peter heiße"-Anonymität vorzieht?

Samstag, 16. Januar 2010

Kein Fortschritt

Ich habe ein paar neue Leute kennen gelernt. Ich bin ganz objektiv nicht mehr so einsam wie ich es noch vor kurzem war. 


Trotzdem geht es mir schlecht wie nie zuvor. All meine schlechten Eigenschaften haben sich nur noch potenziert. Mit mir geht es zunehmend schneller abwärts, meine Hoffnungen sind verflogen. 

Montag, 4. Januar 2010

Allmorgendlicher innerlicher Dialog

Krankes Ich: Steh schon auf.

Eigentliches Ich: Okay, ich habe eh ein furchtbar schlechtes Gewissen, weil ich wieder verkatert bin, tagelang nichts gelernt habe und ständig ungesundes Zeug in mich reinstopfe. Heute wird alles anders! Das hab ich zwar schon öfters gesagt, aber heute ist es so weit! Wilkommen zum Rest meines Lebens!

K: Natürlich, red dir das nur ein. 

E: Ne, wirklich jetzt. Ich muss was ändern, damit du mich irgendwann nicht mehr nervst. 

K: Was willst du denn machen? Du bist alleine und völlig antriebslos.

E: Ich sag dir was ich mache. Ich gehe heute zur Uni und lerne den ganzen Tag!

K: Klar, weil du und dein inzwischen breiiges Hirn sich länger als 20 Minuten konzentrieren können oder was? Mach dich nicht lächerlich.

E: Hmm, stimmt schon. Aber vielleicht lern ich ja zufällig jemanden kennen und finde ein paar neue Freunde.

K: Indem du ein paar Stunden im Café sitzt und sinnlos in ein Buch starrst? 

E: Dann sprech ich jemaden an!

K: Bbfff..Hrggh... HAHAHHAHAHAAHA! Natürlich, ich seh es vor meinem inneren Auge: Da sitzen ein paar glückliche Menschen um dich herum, zusammen mit ihrere Clique oder mit ihren Partnern. Leute, die einen kaputten Typ wie dich 10 Meter gegen den Wind als solchen erkennen. Und du sitzt da und sagst "Hallo, ich bin so alleine. Willst du mein Freund sein?". Ich sag dir was wirklich passieren wird: Die liest 30 Minuten im Buch rum, guckst 4 Stunden andere Leute an und gehst noch deprimierter nach Hause, weil du mal wieder vor Augen geführt bekommen hast was du wirklich für ein einsamer Versager bist.

E: Oh... Ja.. Irgendwie hast du recht. Als ob ich genug Mut hätte irgendeine Initiative zu ergreifen. Dann... Dann geh ich halt irgendwo hin wo Leute hingehen um sich zu unterhalten. Einen Club oder einen Verein. 

K: Was für einem Verein willst du denn beitreten? Dem "Ich bin ein abgestürzter Säufer"-Verein oder was? Die nennt man Anonyme Alkoholiker.

E: Hm, ja. So richtige Interessen habe ich eigentlich nicht mehr. Ich wüsste auch nicht wo ich hingehen sollte.

K: Tut weh, was?

E: Ja, ich habe noch nicht einmal einen Kaffee getrunken und könnte schon wieder heulen.

K: Ich sag dir was wir machen. Mein Plan ist halbwegs schmerzfrei und du musst nicht den ganzen Tag an deinem Elend leiden.

E: Echt? Erzähl!

K: Wir spielen den ganzen Tag Computerspiele, machen hin und wieder ein Nickerchen und lesen zwischendurch ein paar Blogs. So sind wir fast den ganzen Tag abgelenkt.

E: Damit würde der Tag wenigstens vorbei gehen, da hast du Recht. Aber das ist doch genau das, warum...

K: Halt die Fresse, so wird's gemacht. Entweder das oder du liegst den ganzen Tag deprimiert auf dem Sofa, und das willst du ja auch nicht! Entscheide dich mal du Idiot!

E: Okay, okay. Ich steh ja schon auf.

K: Gut.

...

...

...

K: Ach, nochwas!

E: Ja?

K: Hast du dir eigentlich mal überlegt was passiert wenn du heute abend genug vom Computerspielen hast und realisierst, dass du auch diesen Tag komplett verschenkt hast?

E: Oh man, das wäre echt schlimm! Ich würde mich furchtbar fühlen.

K: Ganz genau, aber auch daran habe ich gedacht. Wenn du gleich einkaufen gehst, pack einfach noch eine Flasche Vodka mit ein. So bringst du auch den Rest des Tages hinter dich und kannst sogar noch für ein paar Stunden dein Versagen vergessen.

E: Das hört sich zwar nicht gesund an, aber den ganzen Abend alleine in Selbstvorwürfen zu schwelgen, das hört sich noch viel schlimmer an.

K: Siehst du, ich weiß doch am Besten wie wir uns unnötige Schmerzen vermeiden.

E: Hast recht.


Donnerstag, 31. Dezember 2009

Erkenntnisse

Ich habe über die Feiertage ein paar Dinge über mich begriffen, die mich, zu Ende gedacht, sehr beunruhigen.

Die zentrale Erkenntnis ist, dass ich trinke weil ich alleine bin, nicht umgekehrt. Ich weiß nicht warum mir das jetzt erst auffällt. Vielleicht weil ich zumindest für meine Verhältnisse im Moment relativ nüchtern bin. Ich trinke immer noch zu viel, das plötzliche Aufhören hat also schon jetzt versagt. Es fällt mir aber auch nicht schwer ein paar Tage nüchtern zu bleiben, irgendwie fühle ich mich nicht mehr als hätte der Alkohol Kontrolle über mich. Irgendwie denke ich, dass ich in der Lage wäre aufzuhören. Wenn da nicht diese verdammte Einsamkeit wäre. Ich habe mir in den letzten Wochen öfter dabei ertappt, wie ich diesen erdrückenden Schmerz der Einsamkeit buchstäblich ertränken wollte und zum Alkohol gegriffen habe. Nach ein paar Bier geht die Traurigkeit dann weg. Ich könnte mir vorstellen, dass ich überhaupt kein Bedürfniss hätte zu trinken, wäre mein Seelenleben in Ordnung. 

Jetzt war ich aber wie gesagt die letzten Wochen bei meiner Familie und mit meinen paar verbliebenden Freunden. Und selbst da fühle ich mich alleine, auch wenn 8 Leute um mich herum sitzen und ich mich den ganzen Abend unterhalte. Ich fühle mich dann völlig deplatziert, irgendwie falsch besetzt. Es ist als wäre die Interaktion mit den Leuten mehr antrainierte Routine, nicht zwischenmenschlicher Kontakt. Schwer zu beschreiben, aber unter dem Strich bin ich nach diesen Tagen immer noch alleine, vielleicht mehr als früher.

Wenn ich diese Situation weiter denke, bleiben mir zur zwei Auswege:

1) Was mir wirklich fehlt ist eine Beziehung. 

2) Was ich als Einsamkeit empfinde ist in Wirklichkeit etwas völlig anderes.

Vor allem die (wahrscheinlichere) erste Option wäre furchtbar. Wenn ich mal kurz voraus setze dass zumindest der Kern meiner Probleme mit einer Freundin gelöst würden, dann stehe ich vor quasi unüberwindbaren Hürden. Erstens müsste ich schon mein Leben halbwegs im Griff haben damit sich überhaupt irgendeine Person für mich interessiert, und davon alleine bin ich weit entfernt. Aber wenn ich mein Leben ohne eine Freundin nicht auf die Reihe kriege, was bleibt mir dann? 

Dazu kommt, dass ich einfach kein Frauenmensch bin. Ich sehe ganz okay aus, halte mich für halbwegs intelligent und bin eine ganz friedliche und freundliche Person. Es ist aber ganz einfach ein Fakt, dass manche Menschen von den Frauen ganz einfach ignoriert werden, während andere freie Auswahl haben, ohne dass dafür irgendein offensichtlicher Grund erkennbar wäre. Ich bin auf der alleruntersten Stufe dieser Hierachie. Frauen sehen mich nicht einmal aus Freundschaftsmaterial, geschweige denn als einen möglichen Partner. Soweit ich das sehe, mache ich nichts so richtig falsch, Frauen wollen mich einfach nicht, Punkt. Das ist zwar Scheiße, aber ich habe mit damit abgefunden. Aus all dem folgt, dass ich bisher sehr, sehr wenige Freundinnen hatte und völlig gehemmt bin, auf Frauen zuzugehen. Ich bin einfach zu oft schmerzhaft abgeleht worden. Genauer gesagt, so gut wie immer.

Jetzt stelle ich mir mal das wildeste vorstellbare Szenario vor. Ich finde bald eine Freundin, schnell genug damit ich nicht bis dahin vollständig versacke. Dann gibt es wiederum zwei Möglichkeiten.

1) Mir gehts tatsächlich besser. Dann wäre ich jeden Tag in Panik, dass sie mich verlässt und ich wieder vor dem nichts stehe. Weil Frauen mich wie gesagt ignorieren, hätte ich auch keine Aussicht auf baldige Widerholung. Selbst jetzt, wo ich nur über dieses sehr hypothetische Szenario nachdenke, kriege ich fast Beklemmungen bei der Vorstellung, mit der Angst zu leben verlassen zu werden. Ich wäre also ständig paranoid und unsicher, ein Zustand den wohl keine Beziehung mittelfristig aushält. Kurz gesagt: Auch eine Freundin würde es am Ende wahrscheinlich nur schlimmer machen.

2) Ich bin immer noch einsam. Dann müsste ich einen sehr bitteren Fakt akzeptieren. Nämlich, dass ich einfach nicht geschaffen bin um glücklich zu sein. Es ist eine Tatsache, dass manche Menschen einfach eine unglückliche Gen-Kombination abbekommen haben und die entstehende Körperchemie einfach nicht in der Lage ist den dazugehörigen Menschen auf natürlichem Wege zufrieden zu machen. Das lässt sich zwar mit starken Medikamenten und Therapie irgendwie in den Griff bekommen, aber ein Leben im ständigen Kampf mit dem unzufriedenen Ich fände ich furchtbar. Denn der Kampf ginge nicht darum, dass es mir gut geht, sondern dass es mir nicht schlecht geht. Und das ist kein Zustand, den ich für die nächsten 50 Jahre ertragen wollte.


Ich bin ratlos. Zum ersten Mal stehe ich wirklich ratlos hier, im Glauben meine Situation besser zu verstehen als je zuvor. Umso mehr ich allem auf den Grund gehe, desto verfahrener scheint alles zu werden. Ich wünsche mir die Zeiten zurück als ich noch von "trinke weniger und alles wird besser" überzeugt war.

Ich hatte gehofft, dass ich vielleicht eine Idee für mein weiteres Vorgehen bekomme, wenn ich meine Gedanken ordne, in Worte fasse und nieder schreibe. Ganz im Gegenteil. Ich habe mir nur die Ausweglosigkeit noch deutlicher als bisher vor Augen geführt. Und jetzt, kurz vor Neujahr, schaue ich ein bischen aus dem Fenster um andere Leute glücklich feiernd zu sehen. Wieso ist es für mich nur so unerreichbar schwer ein stinknormales, langweiliges Leben zu haben? Ich würde alles dafür geben ein durchschnittliches, wenig spannendes, dafür solides und halbwegs glückliches Leben zu führen.

Dienstag, 29. Dezember 2009

Mir gehts schrecklich

Ich bin nach den ganzen Feiertagen wieder in der Lage etwas zu schreiben. Aber das werde ich nicht tun, denn ich bin nicht ganz nüchtern.

Dieser Fakt irritiert mich allerdings auch nicht mehr so sehr wie früher. Ich werde mich morgen ausführlich erklären, aber im Moment bleibt mir nur die Erkenntnis, dass ich ganz furchtbar alleine und deprimiert bin. Selbst der Versuch, meine Situation in Perspektive zu bringen scheitert. Ich kann mich nicht erinnern, wann es mir jemals so furchtbar ging.